Konzertreise 2018

(27.- 30.04.):

Singen im Prager Frühling

Irgendwann im Rahmen der organisatorischen Vorbereitung der Pragreise haben wir uns für den Reisebus als Transportmittel entschieden. Wir wollten bequem, in Ruhe und mit vielen Gelegenheiten zu guten Gesprächen, auch einigen Pausen bei herzhaftem Imbiss die Strecke gestalten. So verdarb der Stau bei Dresden keineswegs die gute Stimmung – trotz der verzögerten Ankunft in Prag.

Dort waren wir gemeinsam mit einigen Chören aus anderen europäischen Ländern zur Teilnahme am Prague Spring Choral Meeting zu jeweils zwei Konzertauftritten eingeladen. Wir kamen musikalisch gut vorbereitet.

Schon Monate vorher hatten wir von diesem Festival gehört, uns zu einer offiziellen Bewerbung entschlossen, die einschließlich unseres Programmvorschlags für den Soloauftritt im Rahmen eines Nachmittagskonzerts gerne akzeptiert wurde. Den Abschluss des Treffens bildete ein gemeinsames Konzert der teilnehmenden Chöre.  

So war der Samstag ausgefüllt mit dem Einsingen nach dem Frühstück, dem Gang zum ersten Aufführungsort, St. Martin in der Mauer, einem ehrwürdigen Kirchengebäude romanischer wie gotischer Architektur, das im 13. Jh. Teil der damaligen Festungsmauer der Prager Altstadt war und heute primär für klassische  Konzerte genutzt wird. Die akustischen Voraussetzungen kamen uns entgegen, unsere Beiträge fanden viel Zuspruch, gerade auch in den anschließenden Gesprächen mit Mitgliedern der anderen europäischen Chöre. Wir waren zufrieden mit unserem Vortrag und den von anderen Chören gebotenen Beiträgen. 

Anschließend fand in der benachbarten Kirche des Erzengel St. Michael, einem 2007 restaurierten romanischen und gotischen Bau mit späteren barocken Ergänzungen, das gemeinsame Konzert statt. Die Noten der gemeinsam zu singenden zwei Titel waren uns einige Monate vorher zugestellt worden, so dass die angesetzte Probe unter einem deutsch-englischen Dirigenten zur Abstimmung untereinander relativ kurz ausfiel.

Auf Leonard Cohens Halleluja, seinem international zelebrierten Song und unstreitig einem der Höhepunkte der musikalischen Popkultur, folgte ein Ausflug in die südafrikanische Folklore mit dem Lied Siyahamba, einem Titel, der aufgrund seiner antirassistischen Botschaft auch gerne jenseits des afrikanischen Kontinents gesungen wird. Die gemeinsame Probe und die unmittelbar anschließende Aufführung ließen eine großartige Stimmung aufkommen, der Kirchenraum war überfüllt, kein freier Sitzplatz, kein Stehplatz mehr.  

Anschließend gab es – nach langem Beifall – ein offizielles Prager Dankeschön für die Teilnahme an dem Chortreffen verbunden mit der Überreichung einer Urkunde an die Chordirigenten und Vorsitzenden der anwesenden Chöre. Für uns ein denkwürdiger Nachmittag.

In der ebenso behaglichen wie stilvollen jüdischen Gaststätte um die Ecke wurden unsere beiden Auftritte gebührend gefeiert.

Am Sonntag stand im Anschluss an das gemeinsame Frühstück der Besuch auf dem Hradschin an. Frühsommerliche Temperaturen, blauer Himmel, die beiden Auftritte vom Vortag noch nachklingend, inmitten der beeindruckenden historischen Kulisse des Hradschin, dazu der Blick hinunter auf die Moldau und die Dächer der Altstadt, dieser Stadt mit ihrer jahrhundertelangen musikalischen Tradition! Da gab es nach dem Sightseeing für einen Chor wie dem unsrigen Chor nur eins: Singen. Wenn Musik verbindet, dann an einem solchen Ort. Wir wurden nicht enttäuscht, auch unsere spontane Zuhörerschaft nicht, lediglich einige Touristenführer schüttelten mit offensichtlicher Missbilligung ihre Köpfe, wohl weil ihnen ihre Truppe die Aufmerksamkeit für einige Minuten entzogen hatte. Der sonore Klang eines Männerchores an diesem historischen Ort schien in jenen Minuten wohl attraktiver als ihre Auflistung von Fakten und Jahreszahlen...   

Am Nachmittag erkundeten wir in kleinen Gruppen diese fabelhafte Stadt. Zum gemeinsamen Abendessen trafen wir uns wieder. Der Veranstalter des Chortreffens hatte für Samstag- und Sonntagabend in zwei Prager Gaststätten zum Abendessen geladen. Das Ambiente und das Bier beider Restaurants waren vorzüglich, nicht jedoch die Leistung der Köche. Trüben tat das die Stimmung nicht. Wir rundeten den Sonntag in einer urgemütlichen Gaststätte in unmittelbarer Hotelnähe ab, nutzten den Abend für das Ritual der feierlichen offiziellen Aufnahme von vier Neusängern in unsere Chorgemeinschaft. Das zusätzliche Bier war willkommen.


Die eindeutige Bilanz schon vor der Abfahrt am Montag früh: Prag war klasse, sowohl musikalisch, historisch als auch - last, but definitely not least - für unsere Gemeinschaft.

Auf der Busfahrt zurück gab es bei Dresden keinen Stau, aber dafür eine überraschende Änderung der Fahrtroute: es ging in Richtung Innenstadt. Vorgesehen war das nicht. Eine einsame, gar unüberlegte Entscheidung unseres Vorsitzenden? Mitnichten, eher ein Zeichen seiner steten Sorge um die außermusikalische Bildung seiner Sängerschaft, die im Rahmen eines recht kurzen Aufenthaltes die gelungene Restauration des zerbombten Dresdner Zentrums um die Frauenkirche auf sich wirken lassen sollten. 

Einige von uns, bei einer Tasse Kaffee nahe der Frauenkirche, blickten bereits in Richtung der nächsten Konzertreise zu Arnsbergs Partnerstadt Olesno in Polen, zwei Jahre nach den Tagen in Prag und passend zum 140. Bestehen unseres Chors. Aber diesmal auf keinen Fall mit dem Reisebus, sondern mit dem Flieger!

Keiner von uns konnte damals ahnen, was im April 2020, 2021 und auch 2022 Pläne und Vorfreude auf eine weitere gemeinsame Konzertreise zunichtemachen sollte.